DIE DEUTSCHE OSTEXPANSION -1100 BIS 1300

Durch den ansteigenden Wasserspiegel der Oder um 1100 wurde das Wohnen im slawischen Burgbereich unmöglich und die Bevölkerung zog sich endgültig auf das Westufer, auf eine 6 m hohe hochwasserfreie Anhöhe, zurück. Jedenfalls entwickelte sich im 10. und 11. Jahrhundert, nach der Christianisierung durch Kaiser Otto I. (gest. 973) und seinem Sohn Otto II. (gest. 983), aus den slawischen Fürstenburgen sogenannte “frühstädtische Zentren”. In enger Nachbarschaft zu den Siedlungen wurden Burgen errichtet und oftmals wurden die slawischen Kultstätten mit Kirchen überbaut (siehe These von Westermann). Ob die in Schwedt nachgewiesene Burg für deutsche Vögte für Verwaltungszwecke oder im Zuge der polnischen Westexpansion (beginnend unter Mieszko I.) errichtet wurde, kann nicht geklärt werden. Wahrscheinlich ist sie aber in Verbindung mit der ab 1100 beginnenden Expansion der Pommernherzöge errichtet worden. Die Burg soll sich am Platze des heutigen Gebäudes der Uckermärkischen Bühnen, wo einst das Schwedter Schloß stand, befunden haben. Nach Böer, der die Geschichte des Schloßes genauer betrachtete, kann die Burg allerdings auch auf dem Salzberg (heutiges Karree der Straße am Kanal) gestanden haben. Bedenkt man die dichte Lage zum Kietz, den damals die Reste der slawischen Bevölkerung als Fischer bewohnte, so ist diese fast in Vergessenheit geratene Überlieferung doch gar nicht so abwegig.
Nachdem Schwedt ab Anfang des 12. Jahrhunderts unter pommersche Verwaltung geraten war, setzte eine, durch eine ca. 200 Jahre dauernde Fehde zwischen den Pommernherzögen und den Askanischen Markgrafen bedingte, wechselhafte Entwicklung ein. Albrecht, genannt der Bär (ab 1134 mit der Nordmark belehnt), stellte massive Ansprüche auf die Uckermark. Angelehnt an die Kreuzzüge im Orient, versuchten verbündete sächsische, dänische, polnische und böhmische Feudalgewalten (darunter auch Markgraf Albrecht) im Jahre 1147 ihren Machtbereich auszudehnen. Vor der Stadt Stettin stand nach Überlieferungen ein gewaltiges Heer. Dennoch war der Erfolg dürftig. Einzig die slawische Bevölkerung hatte unter den erheblichen Verwüstungen zu leiden und hatte hohe Verluste an Menschenleben zu beklagen, so daß der Wiederstand der Slawen, mit dem als „Wendenkreuzzug“ bezeichneten Krieg, am Ende angelangt war. Für Markgraf Albrecht waren nun die Auseinandersetzungen mit den Pommernherzögen an der Tagesordnung. Er versuchte, seinen Machtbereich bis zur Ostseeküste auszudehnen. Den Orten entlang des Oderflußes kam dabei eine besondere strategische Rolle zu. Schwedt war, durch die Möglichkeit Zölle zu erheben , von besonderer Bedeutung, denn hier gabelten sich zwei wichtige Handelsstraßen. Schon damals entwickelte sich Schwedt zu einem belebten Handelsplatz mit Marktrechten.
Zu dieser Zeit begann auch der Zuzug deutscher Siedler aus den altdeutschen Gebieten und Holland. Sie brachten neue Handwerkstechniken mit und sorgten für eine allmähliche Assimilierung der Slawen in der Folgezeit. In einigen Gebieten sind Reste der slawischen Bevölkerung bis weit in das 18. Jahrhundert aktenkundig.
Mit dem Landiner Vertrag von 1250 gelangte die Uckermark südlich des kleinen Flüßchens Welse an die Askanischen Markgrafen (die Brüder Johann I. und Otto III.). Aus dem Jahre 1265 datiert dann die erste urkundliche Erwähnung Schwedts (Scwet) als Stadt aus einer Urkunde des Pommernherzog Barnim I. von Stettin. Die Stadtgründung ist sicher Jahre vorher erfolgt, vielleicht um 1250, nach der Rückgabe der Uckermark an die brandenburgischen Markgrafen oder noch früher (siehe pommersche Stadtgründung Prenzlaus 1234). Eine slawische Ableitung des Ortsnamen würde eher für eine pommersche Stadtgründung sprechen. Der Schwedter Ortschronisten Fr. P. von Probst berichtet in seiner 1834 überarbeiteten Chronik von einer Urkunde, die Schwedt bereits 1138 als wendische Stadt benennt. (siehe hier) Eine genaue Quellenangabe ist nicht zu finden. Wir nehmen einmal an, daß Chroniken von sehr interessierten Leuten verfaßt werden, die manchmal in ihrem Enthusiasmus gebremst werden müssen und oftmals über das eigentliche Ziel hinausschießen. Was allerdings das zur Verfügung stehende Archivmaterial betrifft, können wir wohl auf eine wahrheitsgemäße Angabe hoffen. Warum sollte der ansonsten verläßliche Probst eine Urkunde erfinden. Zumal sich auch andere Chronisten wie z.B. Berghaus auf diese Abläufe beziehen. Inhaltlich beschäftigt sich die Urkunde mit der Erbauung Prenzlaus, erwähnt aber eine wendische Stadt „civitas suet“ am Sue(v)bus-Fluß (Oder). Es ist damit also nicht die mittelalterliche Stadt gemeint, sondern die durch den slawischen Burgwall und zahlreiche andere Funde belegte slawische Siedlung, die Probst noch nicht bekannt war. Eine Spekulation auf ein älteres Stadtrecht aus dem Jahre 1138 ist somit vom Tisch.

(geändert am 18.02.2015)


Germanen und Slawen - 0 bis 1100
Spätes Mittelalter u. Renaissance -1300 bis 1600